Entwicklung aus Beraterperspektive

Liquidität und Profitabilität

Sind die Schlüsselgrößen fünf und sechs der Serie im netWERKER Kundenmagazin. Doch wozu darüber schreiben? Über Liquidität spricht man nicht, die hat man. Und beim Gewinn geht’s doch nur um die Höhe, ganz nach dem Motto: je mehr, umso besser. Oder nicht?

Klar ist: So lauten weit verbreitete Annahmen. Doch sind diese wirklich Erfolgs versprechend? Liquidität als gegeben anzunehmen und damit nicht zu planen? Und den Gewinn als Ziel jeglichen Wirtschaftens auszuweisen? Anbei einige Anregungen dazu, eine andere Perspektive zu diesen Begriffen einzunehmen.

Die Serie, in die sich dieser Artikel einreiht, lautet: Die sechs Schlüsselgrößen gesunder Unternehmen. Das alleine gibt schon Aufschluss darüber, dass es für Unternehmen um mehr geht, als nur um Gewinn. Bei den sechs Schlüsselgrößen handelt es sich um

 

  • Marktstellung,
  • Innovation,
  • Produktivität,
  • Attraktivität für richtige und gute Leute,
  • Liquidität,
  • Profitabilität.

 

Alleine aus dieser Aufzählung von sechs auf den ersten Blick willkürlich ausgewählten, abstrakten Schlagworten lassen sich einige ganz praktische und einfache Schlüsse ziehen: Erstens, die sechs Begriffe sind nicht isoliert zu sehen, sondern sie hängen zusammen. Wenn etwas zusammenhängt, man denke dabei zum Beispiel an eine Seilschaft beim Bergsteigen, so bedeutet das etwas ganz Einfaches: Wenn sich ein Mitglied der Seilschaft bewegt oder nicht bewegt, spüren das die anderen Mitglieder. Sie können weitergehen, oder eben nicht. 

 

Genauso ist es mit den sechs Schlüsselgrößen: Auch sie hängen, bildlich gesprochen, alle an einem Seil. Jede Veränderung einer Größe wirkt sich auf alle anderen aus. Liquidität und Profitabilität können damit nicht isoliert betrachtet werden, sondern müssen als Seilschaft mit den übrigen vier Größen verstanden werden. Die Betrachtung der sechs Schlüsselgrößen beginnt beim Kunden und damit der Marktstellung. Ohne Kunden, kein Umsatz, keine Liquidität, kein Gewinn und damit letztlich kein Unternehmen. Im ersten Teil der Serie bin ich ausführlich darauf eingegangen, wie erfolgskritisch es ist, als Unternehmen seine Aufmerksamkeit und seinen Zweck völlig auf den Kunden und das, was dieser als Kundennutzen empfindet, auszurichten.

 

 

 

Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.

Hat man erst einmal Kunden, was schwierig genug ist, beginnt die Reise aber erst. Denn: Kunden, die Gesellschaft, die technische Entwicklung und alles um ein Unternehmen herum verändert und entwickelt sich fortwährend. Daher genügt es nicht, einmal ein gutes Produkt oder einmal eine gute Dienstleistung zu entwickeln. Dies bringt ein sehr abgegriffener Sager bestens auf den Punkt: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Und damit kommt die Innovation als Schlüsselgröße für gesunde Unternehmen ins Spiel.

 

Jedes Unternehmen, ob klein oder groß, muss seine eigenen Leistungen permanent weiterentwickeln. Sei es im Kleinen mit Anpassungen der Speisekarte als Buschenschank oder Gasthaus, sei es mit einer neuen Logo- oder Bildsprache, sei es mit der Einrichtung eines Webshops oder sei es mit einer radikalen Betriebsumstellung, zum Beispiel vom Obst- zum Weinbau, wie ihn einige Betriebe der Region in den zurückliegenden Jahrzehnten vollzogen haben. Stillstand bedeutet Rückschritt und Rückschritt führt über kurz oder lang in den unternehmerischen Abgrund. Ein hervorragendes Beispiel für Innovationsbereitschaft und -fähigkeit stellt die bisherige und geplante Entwicklung des Weinguts Pauritsch (siehe Interview ab Seite 7) dar.

 

Der Zusammenhang zum Thema Liquidität und Profitabilität ist klar: Innovationen kosten zunächst einmal Geld und wirken sich somit kurzfristig höchstwahrscheinlich negativ auf die beiden Schlüsselgrößen Liquidität und Gewinn aus. Daher müssen Investitionen gut überlegt, bestens kalkuliert und begründet erfolgen. Aber so viel ist klar: Jeder Betrieb, der diesen Schmerz zu lange vermeidet, oder sich Investitionen in Innovation schlichtweg nicht mehr leisten kann, steht auf tönernen Füßen. Lange geht das nicht gut.

 

Neben der Innovation braucht es ein aufmerksames Auge auf das heutige Geschäft und die Frage danach, wie ein Unternehmen das, was es heute bereits gut macht, in gleicher Qualität mit weniger Aufwand erledigen kann. Man spricht hier von der so genannten Lernkurve. Das bedeutet, dass jede Wiederholung eines Ablaufes und jede Verdoppelung einer ausgebrachten Menge die Chance bietet, zu lernen und das gleiche Ergebnis mit weniger Aufwand zu erbringen. Dies gelingt aber nur mit der entsprechenden Aufmerksamkeit für dieses Feld der Betriebsführung.

 

Selbstverständlich zählen dazu auch alle verfügbaren sowie im Aufwand und Nutzen zu rechtfertigenden Hilfsmittel der Digitalisierung dazu. Vieles, was früher langsam von Hand erledigt werden musste, kann heute digitalisiert und damit wesentlich einfacher und schneller erledigt werden. Von der Rechnungslegung bis zur Steuererklärung, von der Maschinensteuerung bis zur Wartung, vom Einkauf bis zum Verkauf und Versand. Ersparnisse aus Produktivitätsgewinnen können für Instandsetzungen oder Investitionen in neue Produkte und Dienstleistungen investiert werden und stellen somit ein wesentliches Element für erfolgreiches Unternehmertum dar.

 

 

 

 

Qualität der MitarbeiterInnen

Einer der aller kritischsten Bereiche der Führung eines jeden Unternehmens stellt die Qualität der MitarbeiterInnen dar. Jedes Unternehmen muss sich darüber Gedanken machen, wie es für die richtigen Leute attraktiv ist, wie es diese anziehen und langfristig binden kann. Die Zeiten, in denen sich gute Leute um eine Anstellung sprichwörtlich angestellt haben, sind vorbei. Klar ist auch hier: Jeder Betrieb muss in gute Leute investieren. Und zwar nicht nur in Form von Geld und damit höheren Löhnen und Gehältern, sondern auch in Form von Zeit und Gedanken darüber, wie man den Betrieb attraktiv machen kann und welche MitarbeiterInnen überhaupt zum Unternehmen passen. Konkrete Ansätze dazu finden sich im entsprechenden Artikel der
netWERKER-Serie.

 

All das Bisherige zusammengenommen lässt sich folgendes Zwischenresümee ziehen: Liquidität und Profitabilität sind in erster Linie Ergebnisse des Managements der ersten vier Schlüsselgrößen. Alles, was ein Betrieb in diesen Bereichen gut macht, wirkt sich positiv auf die Liquidität und Profitabilität aus. Die beiden Größen Liquidität und Profitabilität stellen damit per se viel eher das Ergebnis professionellen unternehmerischen Handelns dar, als dessen Ziel.

 

Einfach aber wertvoll

Dennoch gibt es noch einige Überlegungen zu diesen beiden Größen, die einfach aber wertvoll sind.

Der betriebswirtschaftliche Erfolg als Ergebnis der Erfolgsrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung/Aufwand vs. Ertrag) sowie die Liquidität als kurzfristige Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben können sich jederzeit gegenläufig entwickeln und müssen daher gesondert betrachtet und mit eigenen Kennzahlen gesteuert werden.

 

Ein Betrieb kann heute eine hohe Liquidität aufweisen (Überweisung einer großen Rechnung, Genehmigung eines Rahmens durch die Hausbank), aber gleichzeitig ein langsam oder auch plötzlich wegfallendes Erfolgspotenzial verzeichnen (Kündigung eines Liefervertrages, Anstieg von Rohstoffpreisen, rückläufige Absatzzahlen, unzufriedene Kunden, etc.). Kurzfristig sieht es in der Kasse gut aus. Mittel- und langfristig brauen sich Gewitterwolken zusammen, die ein Betrieb wahrnehmen sollte um darauf reagieren zu können.

 

Genauso kann es sich umgekehrt verhalten, z.B. wenn Betriebe zu säumig in der Rechnungslegung bzw. Forderungseinbringung sind, sich dadurch Liquiditätsengpässe ergeben und gleichzeitig Aufträge eingehen, die mangels Liquidität nicht erbracht werden können. Beide Szenarien (gute Liquidität bei wegfallenden Erfolgspotenzialen und schlechte Liquidität bei guten Erfolgspotenzialen) können rasch eine betriebliche Schieflage verursachen.Entscheidend ist es somit, die kurzfristige Perspektive der Liquidität stets mit der langfristigen Perspektive der betrieblichen Erfolgspotenziale abzugleichen und sich nicht täuschen zu lassen.

 

Mit diesen Überlegungen schließt sich der Kreis: Denn der betriebliche Erfolg (Aufwand vs. Ertrag, Bilanz) wird immer vorgesteuert von der Marktstellung, der Innovationsleistung, Produktivität und der Attraktivität für richtige und gute Leute. Der betriebliche Erfolg bildet zudem den Rahmen des Möglichen für die Liquiditätssteuerung. Dass all das zusammengenommen leicht klingt und schwer umzusetzen ist, liegt auf der Hand. Ebenso aber auch, dass es zahlreiche positive Beispiele in der Region gibt, die dieses Zusammenspiel bestens beherrschen.

 

 

 

Mag. Bernhard Prangl, 42, wohnhaft in Arnfels, Pure Management Group, Parkring 12, 1010 Wien; Projektleiter für Coaching-, Beratungs- und Trainingsprojekte in den Bereichen Strategie, Struktur, Kultur, Governance und Führung.

 

 

 

 

 

 

Diesen und ähnliche Artikel finden Sie in Ausgabe 6 unseres Kundenmagazins:

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